TEXTE
Der Text des Sonnengesangs
1 Höchster, allmächtiger und guter Herr,
dein ist Lobpreis und Ruhm, Ehre und jeglicher Segen.
Dir allein, Höchster, gebühren sie,
und kein Mensch kann dich in Worte fassen.
2 Sei gelobt, mein Herr, mit allen deinen Kreaturen.
Besonders mit unserer edlen Schwester Sonne,
die den Tag macht und mit der du uns leuchtest.
Und schön ist sie und strahlend mit großem Glanz:
Von dir, o Höchster, ein Sinnbild.
3 Sei gelobt, mein Herr, durch Bruder Mond und die Sterne.
Du hast sie am Himmel geformt – klar und kostbar und schön.
4 Sei gelobt, mein Herr, durch Bruder Wind,
durch Luft und Gewölk und heiteres und jegliches Wetter.
Alle Kreaturen belebst du durch sie!
5 Sei gelobt, mein Herr, durch Schwester Wasser.
Sie ist so nützlich und gering, so köstlich und rein.
6 Sei gelobt, mein Herr, durch Bruder Feuer.
Durch ihn erhellst du die Nacht –
schön ist er, heiter und kraftvoll und stark.
7 Sei gelobt, mein Herr, durch unsere Schwester, Mutter Erde.
Sie ernährt und versorgt uns und bringt vielfältige Früchte hervor,
und bunte Blumen und Kräuter.
8 Sei gelobt, mein Herr, durch jene, die verzeihen in deiner Liebe,
die Krankheit tragen und Bedrängnis.
Selig, die dulden in Frieden.
Von dir, o Höchster, empfangen sie die Krone.
9 Sei gelobt, mein Herr, durch unseren Bruder Tod;
ihm kann kein Mensch lebend entrinnen.
Gut, wenn er uns nicht fern von dir antrifft:
Selig sind alle, die er in deinem Licht findet!
Denn der Tod der Seele wird ihnen nichts antun.
10 Lobt und preist meinen Herrn,
dankt ihm und dient ihm in großer Demut!
Aus der Vita des Hl. Franziskus (Perugia-Sammlung, anonym, 1235)
Als nun der selige Franziskus dort über fünfzig Tage lang krank darniederlag, ertrug er es nicht, tagsüber das Tageslicht und in der Nacht das Licht des Feuers zu sehen, sondern blieb im Haus und in jener kleinen Zelle stets im Dunkeln. Überdies hatte er Tag und Nacht große Schmerzen in den Augen, so dass er in der Nacht fast nicht ruhen und schlafen konnte, was sehr nachteilig und eine große Belastung für die Augenkrankheit und seine anderen Krankheiten war. Ja, noch mehr: Wenn er einmal ruhen und schlafen wollte, waren im Haus und in der kleinen, an einer Seite jenes Hauses angebauten Zelle aus Strohmatten, in der er lag, so viele Mäuse, die hin und her, über ihn und um ihn herum sprangen, dass sie ihn nicht schlafen ließen.
Sogar zur Gebetszeit belästigten sie ihn stark. Und nicht nur in der Nacht, sondern auch am Tage plagten sie ihn über die Maßen, indem sie, während er aß, auf seinen Tisch hinaufkletterten, so dass seine Gefährten und er selbst es als eine teuflische Versuchung betrachteten, was es ja auch war.
Als der selige Franziskus daher eines Nachts darüber nachdachte, wie viel Not er leide, wurde er von Mitleid gegen sich selbst bewegt und sagte in seinem Inneren: „Herr, schau her zu meiner Hilfe in meinen Krankheiten, damit ich sie geduldig zu ertragen vermag!“ Und sogleich wurde ihm im Geist gesagt:: „Wohlan denn, Bruder, freue dich und frohlocke sehr in deinen Krankheiten und Plagen, denn fortan magst du dich so sicher fühlen, als wärst du schon in meinem Königreich.“
Als er sich frühmorgens erhob, sagte er zu seinen Gefährten: „(Gott hat mir….) sein Königreich zugesichert. Daher will ich zu seinem Lob, zu unserem Trost und zur Erbauung des Nächsten ein neues ‚Loblied des Herrn auf seine Geschöpfe‘ dichten, deren wir uns täglich bedienen und ohne die wir nicht leben können. In ihnen beleidigt die Menschheit den Schöpfer sehr, und täglich sind wir undankbar für eine so große Gnade, weil wir unseren Schöpfer und Spender aller Güter nicht dafür loben, wie wir sollten.“
Er setzte sich hin, begann nachzusinnen und dann zu sprechen: „Höchster, allmächtiger, guter Herr.“ Und er schuf einen Gesang zu diesen Worten und lehrte ihn seine Gefährten vorzutragen. Denn sein Geist befand sich damals in so großer Wonne und solchem Trost, dass er nach Bruder Pazifikus schicken wollte, der in der Welt „König der Verse“ genannt wurde und ein sehr vornehmer Gesangslehrer war, um ihm einige gute und geisterfüllte Brüder zu geben, damit sie durch die Welt gingen und dabei predigten und Gott das Loblied sängen. Nun gab er dem „Loblied des Herrn“, das er schuf, nämlich: „Höchster, allmächtiger, guter Herr“, einen Namen und nannte es: „Gesang von Bruder Sonne“, welcher schöner als alle anderen Geschöpfe und mit Gott mehr zu vergleichen ist.
Daher sagte er: „Am Morgen, wenn die Sonne aufgeht, sollte jeder Mensch Gott loben, der sie geschaffen hat, da durch sie unsere Augen am Tage erleuchtet werden. Abends, wenn es Nacht wird, sollte jeder Mensch Gott loben wegen des anderen Geschöpfes, des Bruders Feuer, da durch dieses unsere Augen in der Nacht erleuchtet werden.“
Und er sagte: „Wir alle sind wie Blinde, und der Herr erleuchtet durch diese beiden Geschöpfe unsere Augen. Wegen dieser und seiner anderen Geschöpfe, deren wir uns täglich bedienen, müssen wir ihn, den glorreichen Schöpfer, deshalb immer ganz besonders loben.“
Dies hat er in gesunden und kranken Tagen immer wieder gerne getan, und ebenso gerne forderte er die anderen auf, den Herrn zu loben. Ja, selbst wenn er schwer unter einer Krankheit zu leiden hatte, pflegte er selbst das „Loblied des Herrn“ anzustimmen, und danach ließ er seine Gefährten singen, um in Betrachtung des Gotteslobes die Bitterkeit der Schmerzen und Krankheiten vergessen zu können. Und so hielt er es bis zu seinem Todestag.
Evangelium nach Lukas (12,22-31, Gute-Nachricht-Übersetzung)
Jesus sagte zu seinen Jüngern, den Männern und Frauen:
»Macht euch keine Sorgen um euer Leben, ob ihr etwas zu essen habt,
und um euren Leib, ob ihr etwas anzuziehen habt!
Das Leben ist mehr als Essen und Trinken,
und der Leib ist mehr als die Kleidung!
Seht euch die Raben an! Sie säen nicht und ernten nicht,
sie haben weder Scheune noch Vorratskammer.
Aber Gott sorgt für sie. Und ihr seid ihm doch viel mehr wert als die Vögel!
Wer von euch kann durch Sorgen sein Leben auch nur um einen Tag verlängern?
Wenn ihr nicht einmal so eine Kleinigkeit zustande bringt,
warum quält ihr euch dann mit Sorgen um all die anderen Dinge?
Seht euch die Blumen auf den Feldern an, wie sie wachsen!
Sie arbeiten nicht und machen sich keine Kleider, doch ich sage euch:
Nicht einmal Salomo bei all seinem Reichtum war so prächtig gekleidet wie irgendeine von ihnen.
Wenn Gott sogar die Feldblumen so ausstattet, die heute blühen und morgen verbrannt werden,
dann wird er sich erst recht um euch kümmern.
Habt doch mehr Vertrauen!
Zerbrecht euch also nicht den Kopf darüber, was ihr essen und trinken werdet.
Mit alldem plagen sich Menschen, die Gott nicht kennen.
Euer Vater weiß, was ihr braucht.
Sorgt euch nur darum, dass ihr euch seiner Herrschaft unterstellt,
dann wird er euch schon mit dem anderen versorgen.«
Fürbitten zum Sonnengesang
Wir bitten dich mit unserer Schwester, der Sonne.
Lass uns achtsam mit ihrer Energie umgehen, die unser Leben ermöglicht und letztlich von dir stammt.
Wir bitten dich mit unseren Geschwistern, dem Mond und den Sternen.
Schenke uns ein Bewusstsein für unsere Rolle im großen Ganzen von Raum und Zeit.
Wir bitten dich mit unserem Bruder Wind.
Gib uns ein Gespür dafür, wann und wo er weht – und lass uns dann nicht alles ängstlich festhalten, sondern Segel setzen und aufbrechen.
Wir bitten dich mit unserer Schwester Wasser.
Lass uns nicht vergessen, dass wir durch sie mit allem Lebendigen verbunden sind –
und durch die Taufe auch mit dir, o Gott.
Wir bitten dich mit unserem Bruder Feuer.
Schenke uns ein Herz, das entflammbar ist durch Worte und Taten der Liebe.
Wir bitten dich mit unserer Schwester, Mutter Erde.
Sie trägt uns und sie ernährt uns. Von ihr sind wir genommen – zur ihr kehren wir zurück.
Lass uns begreifen, dass sie nicht uns gehört und wir kein Recht haben, sie auszuplündern.
Sei bei allen, die sich für ihre nachhaltige Bewirtschaftung und für ihren Schutz einsetzen.
Wir bitten dich mit allen, die Schweres in Frieden tragen und durch Liebe verwandeln.
Schenke uns wachsame Augen, hörende Ohren und helfende Hände für sie.
Wir bitten dich mit unserem Bruder Tod.
Lass ihn für uns zu einem Lehrer werden, der uns weise macht.
Wir bitten dich mit Bruder Franziskus und Schwester Klara.
Lass uns ihren Idealen der Einfachheit und Geschwisterlichkeit treu bleiben – und immer treuer werden.
LIEDER
Die Sonne hoch am Himmelszelt
Die Sonne hoch am Himmelszelt: alles hat Gott gemacht!
Die Sterne und die weite Welt: alles hat Gott gemacht!
Niemand ist größer als unser Herr und Gott!
Die Blumen, Vögel, jedes Tier: alles hat Gott gemacht!
Gott schenkte sie zur Freude mir; alles hat Gott gemacht!
Niemand ist größer als unser Herr und Gott!
Die Wälder, Flüsse, und das Meer: alles hat Gott gemacht!
und darum loben wir Gott sehr; alles hat Gott gemacht!
Niemand ist größer als unser Herr und Gott!
Laudato si
Höchster, Allmächtiger
Höchster, allmächtiger und guter Herr (Sonnengesang)
Angelo Branduardi: Il cantico delle creature
Sei gepriesen, guter Herr, dir allein gebührt die Ehre.
Dich zu nennen ist kein Mensch würdig genug.
Dein sei Ruhm und Herrlichkeit und der höchste Lobgesang,
Denn die Früchte deiner Schöpfung, sie sind gut.
Sei gepriesen, guter Herr, mit all deinen Geschöpfen,
Schwester Sonne schenkt den Tag und gibt uns Licht.
Sie erstrahlt in deinem Glanz, ist der Spiegel deiner selbst.
Und sie spendet ihre Wärme uns durch dich.
Sei gelobt mein guter Herr, durch Bruder Mond und seine Sterne,
Die am Himmel du geformt hast, klar und schön.
Sei gelobt durch Bruder Wind, durch die Wolken, Luft und Wetter,
durch die du den Geschöpfen Leben schenkst.
Sei gepriesen, du mein Herr, durch die Schwester Wasser,
Die so nützlich ist, so kostbar und so rein.
Sei gelobt durch Bruder Feuer, durch den du die Nacht erhellst.
Er ist heiter, er ist kraftvoll, stark und fein.
Sei gepriesen, guter Herr, durch unsere Mutter Erde,
Die uns nährt, die uns erhält und die uns lenkt.
Die so ungezählte Früchte und so viele bunte Blumen,
Und die uns so mannigfaltig Leben schenkt.
Auch durch jene, die vergeben nur um deiner Liebe wegen,
Die den Schmerz ertragen, Krankheit und die Not.
Sei gelobt durch die, die glauben und in Frieden dir vertrauen,
Denn sie werden ewig leben nach dem Tod.
Du bist Anfang, du bist Ende, alles lebt durch deine Hände,
Und für alle deine Liebe will ich danken.
Gib uns Kraft, dein Licht zu sehen und auf deinem Weg zu gehen.
Du bist Glaube, Liebe, Hoffnung, du bist Leben.
Herr, dich loben die Geschöpfe
Herr, dich loben die Geschöpfe, dich, Gott, loben Raum und Zeit.
Sie, die edle Schwester Sonne, lobt mit ihrer Herrlichkeit,
║: diesem Abbild deines Lichtes, alle Schöpfung lobt den Herrn! :║
Lob auch bringen die Gestirne, Bruder Mond, der Freund der Nacht.
Schau, wie Bruder Wind behände Lobgesang aus Wolken macht,
║: tausendfaches Himmelslied, alle Schöpfung lobt den Herrn! :║
Und die schöne Schwester Wasser lobt mit Regen, Strom und Quell.
Stark ist unser Bruder Feuer, macht das Haus uns warm und hell,
║: preist dich, Gott, mit seinem Glanze; alle Schöpfung lobt den Herrn! :║
Unsre Schwester, Mutter Erde, die uns trägt und die uns nährt,
die mit Kräutern, Blumen, Früchten dich, den Schöpfer, ohne Ende ehrt,
║: feiernd deiner Wunder Werke, alle Schöpfung lobt den Herrn! :║
Lob dir von den Friedensstiftern, die ertragen Schimpf und Not.
Lob sei, Gott, dir auch am Ende, durch den guten Bruder Tod,
║: dem kein Mensch entgehen kann, alle Schöpfung lobt den Herrn! :║
(GL 466; Melodie: Möge die Straße)
„Gelobt seist du, mein Herr (Sonnengesang)”
für Chor und Klavier von Felix Bräuer,
Auftragswerk der Chorgemeinschaft St. Franziskus








